Demmin - meine ersten 10 Jahre

Weihnachten in der Südmauer Demmin
Weihnachten in der Südmauer Demmin

 

Hier bin ich 1983 geboren.

 

In der Südmauer und direkt unter meiner Uroma, da wohnten wir zuerst.

Dann wurde die Adolf - Pompe Straße und das Zentrum der Stadt mein Revier.

  

Hier hab ich bis zum Kirchenläuten auf den Strassen Federball gespielt, 

bin am Wochenende über die Zäune aller Kindergärten geklettert um die Rutschen zu testen.

 Hier hab ich mir meine Knie und Ellenbogen beim Fahrradrennen entlang der Goethestraße blutig geschlagen.

Hier bin ich vom ersten bis zum letzten Tag im Sommer in die Badeanstalt gefahren um danach Oma und Opa im Garten zu besuchen.

Die hatten nämlich immer "Was Schönes" im Kühlschrank.

Handball wurde mein Sport. Einheit Demmin mein Verein und Herr Besch mein Trainer.

 

Ach ja, und ohne Fahrrad ging hier nichts.

  

Fasching in der Kinderkrippe
Fasching in der Kinderkrippe

Demmin

Ich bin Katharina. 1983 in Demmin, einem kleinen Ort im schönsten Bundesland Deutschlands, Mecklenburg - Vorpommern, geboren. 

Vom Kinderkrippenkind in der Clara Zetkin Strasse, mit der Mutti im Labor arbeitend, und dem Papa bei der NVA, stieg ich bereits 1985 in der Kita Südmauer Demmin zum Kindergartenkind auf. Brotbüchse um den Hals, und geschmierten Leberwurststullen inklusive, durfte ich  zu Fuss alleine zum Kindergarten gehen. Ein Katzensprung, denn ich konnte diesen von meinem Kinderzimmerfenster aus sehen und brauchte nur an der Rückseite des Neubaublocks entlang.

 

Der weitere Aufstieg in Sachen Demminer Kindergartenlaufbahn wurde jedoch durch den Umzug nach Blankenfelde, und den Erstbezug einer echten 3 Raum Neubauwohnung inklusive Küchendurchreiche in Blankenfelde unterbrochen. Das war schon ne dolle Wohnung. Alles neu. Sogar ne Badewanne, ne Heizung und 'nen Durchlauferhitzer, so dass Mutti nicht länger Kohlen schleppen musste, wie vorher, nur um die Wohnung warm zu bekommen.

 

Während der Papa sich in der NVA, und meine Mutti in der Kinderkrippe arbeitsmässig beschäftigten, versuchte ich im Kindergarten irgendwie ohne zu Spucken das Rote Beete Kompott herunterzuwürgen. Eine Phobie, die bis heute anhält.

 

Ausgerissen bin ich auch mal. Aber das ist eine andere Geschichte. 

Einschulung in Blankenfelde
Einschulung in Blankenfelde

 

Einschulung 1990

  

Während meine Cousine, die zwar im selben Jahr wie ich, dafür aber im März geboren war, noch ein echter Jungpionier wurde (weil 1989 eingeschult), blieb mir diese "Auszeichnung" verwehrt. Unerhört fand ich! 8 Wochen Sommerferien hat sie auch gehabt, jedenfalls ein Mal in ihrem Leben.

 

Ich hingegen, hatte im August 1990, ein paar Wochen vor der offiziellen Wiedervereinigung, meinen ersten Schultag.

 

Der Mauerfall war weniger als ein Jahr her und ich trug mein "im Westen" gekauftes weisses Kleid mit lila Seidenschleife und unbequemen Lackschuhen stolz zur Schau. Mutti und Papa hatten ihr erstes Westgeld für mein Kleid in West Berlin gelassen. Und jetzt, wo ich es so sehe, ist das irgendwie eine tolle Erinnerung.

 

Ich wurde also nie Jungpionier. 8 Wochen Ferien hatte ich auch nie.

 

Im Nachhinein mehr als verschmerzlich, damals jedoch fand ich es ziemlich ungerecht! 

 

 

Zurück nach Demmin

 

Mit fast 7 war mir die politische Lage im Land herzlich egal, was sie jedoch für mich bedeutete war, dass wir nun zu viert (ich war inzwischen grossen Schwester) endlich wieder nach Demmin zogen, denn Papa wurde in der NVA nicht länger gebraucht, die DDR gab es nicht mehr. Endlich zurück zu Oma und Opa, zu meiner Familie und zu den Wäldern, Spielplätzen und Strassen, die ich kannte. 

 

Mein "Aufstieg in Demmin" setzte sich also nach kurzer Pause fort. Ich wurde Grundschülerin, zuerst in der Pestalozzi, dann der Waldschule. Hier wurden noch Vanille-, Erdbeer- und Schokoladenmilch täglich in unsere Klassen geliefert, und die leckeren Wiener gab es in der Schulküche im Keller. Das Devener Holz lag um die Ecke, meine Güte der Waldspielplatz! Ein Paradies.

 

Schulgarten, Werken und Deutsch fand ich blöd, Sport und Heimatkunde waren da schon besser, und Englisch. Das war 1993 nämlich etwas Besonderes, denn ich war in einer der ersten Grundschulklassen gekommen in denen ab der 3. Klasse Englisch unterrichtet wurde. 

 

Die Strassen Demmins waren unser Revier. Unsere Eltern liessen uns spielen, egal ob wir in Bangladesh, am Meisengrund, in der Thälmannsiedlung oder in der Adolf Pompe Strasse wohnten. Wir radelten zu den Spielplätzen im Wald, verabredeten uns zum Spielen. Die Telefonnummern unserer Freunde kannten wir aus dem FF. Schulranzen in die Ecke geschmissen, und kurz angerufen, so ging das. Alles mit einem Schnurtelefon und dann ganz hoeflich die Mutti der Kumpeline gebeten "hallo hier ist Fritzi, ich wollte mal fragen ob xxx raus darf?"

 

Hausarrest und Taschengeldsperre waren da noch echte Bestrafungen.

 

Da wurde von Verstecken in den Kellern der Neubauten (nur dort, weil andere Keller waren zu gruselig), Federball, Brennball und Abwurfball hinter den Neubauten so ziemlich alles gespielt. Gummitwist, Lange Nase. Wettrennen und Wettfahrradfahren waren an der Tagesordnung. Mädels gegen Jungs? Kein Problem.

 

Da ist schon mal der ein oder andere Ball auf dem Auto gelandet und das ein oder andere Knie hat geblutet!

 

So war das eben. 

 

 

Wir kannten alle kleinen Läden und Kaugummiautomaten in der Stadt, wussten wo es das beste und billigste Eis gab und wann die Badeanstalt öffnet und schliesst. Wir sind bestimmt alle schon mal so lange im Wasser gewesen, bis wir anfingen blaue Lippen zu bekommen und zitterten. Ohne Frage, sind übrigens die Pommes, die es dann beim Rausgehen am Kiosk an der Badeanstalt gab, die besten Pommes der Welt. Punkt. Keine Diskussion.


Wir sind auch alle schon mal komplett durchnässt nach hause gekommen, weil der Sommerregen uns einfach  überrascht hat oder waren so vertieft, dass wir die Kirchenglocken einfach nicht gehört haben. Das gab Mecker von Papa - denn, wenn wir was gelernt hatte, war es immer pünktlich zu sein.

 

Und wir wussten wie nervig es war wenn man 'nen Freund in Bangladesch oder auf der Stadtrandsiedlung hatte, da musste man nämlich immer den Stadion oder Siedlungsberg hoch!  

 

Das Aufnehmproblem

 

Wenn es dann in den 90ern doch mal blödes Wetter war, hatten einige von uns 'nen Videorecorder. Ich denke, es gab damals wenig Mädchen, die nicht Dirty Dancing mitsprechen konnten. Ganz doll waren solche Recorder, die man vorprogrammieren konnte um die Filme, die man sich vorher in der Fernsehzeitung zum Aufnehmen markiert hatte, aufzunehmen. Grosser Streit begann erst dann, wenn Papa zur selben Zeit, wie man selber aufnehmen wollte, oder aber aus Versehen den Videorecorder ausschaltete. 

 

Ach und wo wir beim Aufnehmen sind. Kassetten. Walkmans. Die Charts am Sonntag Abend. Take That. Backstreet Boys. New Kids on The Block. Wie sollte man sonst an Musik kommen? Und dann diese Momente, das Lied ist noch nicht ganz zu Ende und der Moderator beginnt zu sprechen, oder die Werbung beginnt. Die Kassette ist zu Ende, bevor das Lied ganz aufgenommen wurde. 

 

Es müssen sich wirklich zu dieser Zeit einige Aufnahmetragödien in den Familien abgespielt haben.

 

Kein Internet. Kein Handy. Kein Instagram. Kein Facebook. Einfach nur Kind sein und die kleine Welt um sich herum kennenlernen.

 

Eine unbeschwerte, freie Zeit an die ich gern zurückdenke und die für mich ganz eng mit dieser Stadt Demmin, meiner Heimatstadt, ihrer Natur und ihren Menschen verbunden ist.

 



Kommentare: 0